Prof. Dr. phil. Alexandra Geisler
Kontakt
Campus Straßburger Platz | Raum 502/125
Tel +49 351 44 45-438
a.geisler@fh-dresden.eu
Projektförderung: Deutsch-Tschechischer Zukunftsfonds, Friedrich-Ebert Stiftung
Projektleitung: Prof. Dr. Alexandra Geisler
Projektkooperation: UJEP - Univerzita Jan-Evangelista-Purkyně Ústí nad Labem, Fakultät Soziale Arbeit
Die Bilder aus dem tschechischen Grenzstädtchen Dubí sind noch im Kopf. Entlang der E 55 ab dem Grenzübergang Zinnwald / Cinnovec bis nach Dubí war in den neunziger Jahren ein kilometerlanger Straßenstrich sowie unterschiedlichste Pensionen, Erotikbars, Clubs, Bordelle etc. entstanden.
Das nordböhmische Kurbad Dubí – unweit der Grenze zu Sachen und durchzogen von der Europastraße E55 hat sich nach 1989 zum »längsten Straßenstrich Europas« entwickelt. Es existierten um die 50 Bordelle entlang der Ruska-Straße, die Teplice mit Zinnwald verbindet und teilweise arbeiteten nach Schätzungen bis zu 400 Sexarbeiter*innen für oftmals deutsche Freier. Sarkastisch wurde diese Entwicklung auf tschechischer Seite auch als »Wegezoll in die Europäische Union« bezeichnet.
2006 wurde die Autobahn von Dresden nach Ústí nad Labem in Betrieb genommen, ein Jahr später trat Tschechien dem Schengenraum bei, wodurch seither auch noch die Grenzkontrollen und daher auch längere Wartezeiten an der Grenze, weggefallen sind.
Durch Photovoice können schwer erklär- und begreifbare Zustände bzw. Zusammenhänge mithilfe von Fotos dargestellt werden. Photovoice wurde in den 90er Jahren von Caroline Wang und Mary Ann Burris in einem Gesundheitsforschungsprojekt im ländlichen China erfunden. Es ist eine qualitative Methode für kommunenbasierte partizipative Forschung.
Die deutsch-tschechischen / tschechisch-deutschen Beziehungen in der Grenzregion um Zinnwald / Cinnovec können mit Hilfe des Projektes einen Ausgangspunkt für die gemeinsame Vertiefung und Kommunikation über ein noch immer tabuisiertes Thema nehmen. Das Alleinstellungsmerkmal des Projektes ist, erste Schritte eines erfahrungsorientierten Lernprozesses in der Reflexion von Ausgrenzung, Diskriminierung und sozialer Ungleichheit im Hinblick auf ein „Ost-West-Gefälle“ im (mittel-)europäischen Raum anzuregen.
Insbesondere die Beziehungen zwischen beiden Ländern, die gegenseitige Wahrnehmung, bestehende Problematiken sowie vielschichtige Kooperationen und Kontakte sind die Basis für Teilnehmer*innen aus Tschechien sowie Sachsen um ein tieferes Interesse und Verständnis für das Verhältnis von Macht und sozialer Ungleichheit sowie zugrundeliegende Vorurteile zu entwickeln.
Diese Region im deutsch-tschechischen Grenzraum stellt einen Sozialraum dar - im Sinne eines lebendigen Raums. Also nicht nur die Dinge, die sich in einem Raum befinden, sondern auch die Menschen, die dort sind, und was diese dort erleben. Das heißt: Die Bedeutung des Sozialraumes ist für jede oder jeden anders. Der Raum ändert uns und umgekehrt ändern wir den Raum (Kessl, Reutlinger 2007, S. 23).
Mit dem Photovoice-Projekt werden folgende Hauptziele verfolgt:
Besonders die Orientierung an der Lebenswelt der Teilnehmer*innen regt einen Reflexionsprozess über soziale Ungleichheit im eigenen Alltag an. Adressiert wird dabei im Sinne einer intersektionalen Mehrebenenanalyse. Insbesondere die Ebene der Struktur und der Repräsentation wird angesprochen, d.h. vorherrschende Normen, Werte und Stereotypen (Repräsentationsebene) als auch strukturelle Herrschaftsverhältnisse sowie Ausbeutungs- und Diskriminierungsstrukturen (Strukturebene) werden über die Bilder sichtbar.
Das Projekt zielt darauf ab, soziale Wirklichkeit partnerschaftlich zu erforschen und zu beeinflussen. Es ermöglicht den Teilnehmenden, sich mit ihrem Alltag reflexiv auseinanderzusetzen, und regt dazu an, über unsichtbare, versteckte bzw. zur Normalität gewordene Ungleichheiten nachzudenken.
Bei der Photovoice-Methode handelt es sich um eine qualitative Methode sowie einen Forschungsrahmen, wobei die Dokumentation visueller Erfahrungen mit dem Prozess des Erzählens verbunden wird, d. h. Visuelles (in Form von Fotos) wird mit Sprachlichem (in Form von Storytelling und Gruppendiskussionen, welche in einem kollektiven Text/Statement münden) verbunden (Wihofszky et al., 2020, S. 88f.). Diese Methode folgt einem partizipativen Forschungsansatz und zielt darauf ab, soziale Wirklichkeit partnerschaftlich zu erforschen und zu beeinflussen (von Unger, 2014). Das Akronym VOICE steht dabei für Voicing Our Individual and Collective Experience.
Erfahrungen und Wahrnehmungen wird eine Stimme gegeben, sie werden gemeinschaftlich erfasst und reflektiert und regen Änderungsprozesse an.
Wenn Sie Interesse an dem Projekt haben, nehmen Sie gerne per E-Mail Kontakt auf.
Prof. Dr. phil. Alexandra Geisler
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